in Leverkusen-Steinbüchel

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Ein Heiliger zum Anfassen

INGEBORG SCHWENKE-RUNKEL, 06.12.2005

In der St.-Nikolaus-Kirche in Neuboddenberg sind Leben und Legenden des Bischofs von Myra lebendig.

Der Heilige ist handfest. Die vielen Legenden, die sich um das Leben Sankt Nikolaus' ranken, belegen es. Der Bildhauer Peter Bücken nahm diese Einschätzung wörtlich. Wer die katholische Kirche St. Nikolaus in Neuboddenberg betritt, der nimmt zunächst den Kopf des Bischofs in die Hand. Der rechte Türgriff zeigt das schmale, bärtige Gesicht, der linke verweist auf seine Stellung: Stab und Bibel sind griffbereit angeordnet. Weil die meisten Gläubigen Rechtshänder sind, glänzt die bronzene Nikolausnase - blank geputzt vom vielen Anfassen.

Als 1985 die Pfarrkirche am nordöstlichen Ausläufer des Leverkusener Stadtgebiets an der B 51 von innen und außen renoviert wurde, war's auch um die hölzerne Wand geschehen, die bis dahin das Kirchenschiff vom Eingangsbereich abgetrennt hatte. Eine Glasfront mit dem vierteiligen St.-Nikolaus-Portal, das Stationen und Episoden aus dem Leben des Geistlichen darstellt, (sein Grab in Bari haben die Gemeindemitglieder beim Verlassen der Kirche in der Hand) ersetzte den Lettner aus dem Jahr 1895.

Das Vorläufergebäude, das allererste Nikolauskirchlein, das auf dem Boden des Rittersitzes Steinbüchel stand, ist um 1100 erbaut worden. Damals war der Heilige Kult. Kaiserin Theophanu, die Ehefrau von Kaiser Otto II., förderte die Popularität des Kirchenmannes aus Kleinasien, der um 300 n. Chr. im türkischen Myra gewirkt haben soll und dessen Todestag auf den 6. Dezember 345 fiel. Das Nikolaus-Fieber verbreitete sich im Laufe des fünften Jahrhunderts in Griechenland und Griff dann zunehmend auf Mittel- und Südeuropa über. Im rheinischen Brauweiler entstand 980 eine der ersten Nikolaus-Kirchen.

Die Neuboddenberger Urgemeinde war also auf der Höhe der Zeit. Der Turm der ursprünglichen Kirche wurde im 12. Jahrhundert errichtet. In der Neujahrsnacht 1778 / 1779 hatte der Blitz in diesen Turm eingeschlagen. Die Flammen ließen nur das Grundmauerwerk des Kirchleins stehen. Das Kölner Domkapitel entschied sich für den Wiederaufbau der Kirche am angestammten Platz, obwohl die Landstraße nach Remscheid, die heutige Berliner Straße, angelegt worden war und viele Fuhrwerke durch die „Ätzekuhl“ zwischen Schnorrenberg und Boddenberg rumpelten. Mehr als 100 Jahr später, 1895, wurde die neoromanische Kirche an der heutigen Stelle errichtet. Die drei erhaltenen Holzaltäre aus der Urkirche fanden ihren Eingang ins neue Gotteshaus ebenso wie die Pietà, der Taufstein und das Missionskreuz.

Prunkstück

Der hohe Hauptaltar steht unmittelbar vor dem mittleren der ausdrucksstarken Glasfenster im Chorraum. Dieses Prunkstück ist dem Kirchenpatron gewidmet. Es zeigt Nikolaus, den Wohltäter der Kinder: Er hält drei Goldäpfel in der Hand. Und das ist die Legende dazu: Klammheimlich half der Edle drei Mädels aus armer Familie. Weil der Vater die Hochzeiten seiner Töchter nicht hätte zahlen können, hatte er die Idee, dass sich die Drei als Freudenmädchen verdingen und sich auf diese Weise die Aussteuer finanzieren konnten. Doch das wusste der brave Gottesmann zu verhindern. Unbemerkt warf er nächstens drei Goldbarren (von goldenen Nüssen oder Goldstücken ist auch die Rede) durchs Fenster des Hauses. Sie landeten in den Socken, die zum Trocknen hingen. Mit dem Gold konnten sich die Mädchen von der Prostitution freikaufen. In Strümpfen, Stiefeln oder Schuhen finden artige Kinder bis heute ihre Nikoläuschen.

Dem Kirchenpatron zu Füßen sitzen in einem Zuber drei Knaben. Mit dieser unteren Abbildung, die für Kirchenbesucher unsichtbar bleibt, weil sie hinter dem Hochalter verschwindet, spielt der anonyme Glasmaler auf eine weitere Legende an: Auf der Suche nach Arbeit fielen drei Jungs einem Metzger in die Hände. Er steckte sie ins Pökelfass und wollte sie zur Wurst verarbeiten. Als der Bischof davon erfuhr, waren sie schon zerteilt, doch er hauchte ihnen wieder Leben ein. Diese märchenhaft-gruseligen Geschichten waren es wohl, die Nikolaus im Laufe der Jahrhunderte zum Volksheiligen gemacht haben.

Auf das Getreidewunder, das dem Bischof von Myra ebenfalls zugeschrieben wird, ist der Bildhauer Peter Bücken im Bronzerelief am Türportal eingegangen. Es zeigt das Schiff mit den Säcken, die niemals leer werden.

Und noch ein Nikolaus steht in der Neuboddenberger Kirche: Es ist die hölzerne Statue, die als Außenfigur den geschnitzten Hauptaltar ziert. Den Umzug von der alten in die neue Sankt-Nikolaus-Kirche hatte der Patron damals, vor 110 Jahren, heil überstanden.

(KStA)

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